Keine Freihandel auf Kosten der Kommunen!

Die Grüne Fraktion im Rat der Stadt Hameln hat am 07.10.2015 der folgenden Resolution zugestimmt:

„Der Rat der Stadt Hameln begleitet die Freihandels- und Investitionsabkommen TTIP, CETA und TiSA kritisch und fordert die Staatsregierung sowie sämtliche politischen Vertreter und Vertreterinnen auf Landes- und Bundesebene auf:
• Dass die kommunale Daseinsvorsorge von den Marktzugangsverpflichtungen im TTIP und allen weiteren Freihandelsabkommen ausgenommen wird.
• Dass in TTIP, CETA und TiSA keine undemokratischen und intransparenten Schiedsverfahren (ISDS) enthalten sein dürfen.
• Dass bestehende Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards geschützt werden müssen und nicht als nicht-tarifäre Handelshemmnisse interpretiert werde dürfen.
• Dass die Kommunen das uneingeschränkte Recht zur Rekommunalisierung (inklusive Erhaltung, Wiederbelebung, Ausweitung und Neugestaltung) von öffentlichen Dienstleistungen behalten.“

Ursula Wehrmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen sagte dazu:

„Die Grünen werden dieser Resolution der Linken zustimmen, obwohl wir natürlich wissen, dass wir hier keine Entscheidungen treffen können, sondern nur an die Bundesregierung und das Europäische Parlament appellieren können, bei ihren Verhandlungen die kommunale Daseinsvorsorge von den Marktzugangsverpflichtungen im TTIP und allen weiteren Freihandelsabkommen auszunehmen.
Für uns ist es wichtig, dass die Kommunen das uneingeschränkte Recht zur Rekommunalisierung von öffentlichen Dienstleistungen behalten.
Nach derzeitigem Kenntnisstand sehen wir ansonsten die bisherige Form kommunaler Daseinsvorsorge, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung in Gefahr und müssen negative Auswirkungen für das kommunale Handeln, bei der öffentlichen Auftragsvergabe, einschließlich der Delegation von Aufgaben an kommunale Unternehmen, der Förderung und Unterstützung von Kultur und der Erwachsenenbildung wie auch der Tarifgestaltung und der Arbeitsbedingungen für Beschäftigte unserer Stadt und unseres Landkreises befürchten.

Bei den geplanten Abkommen sehen wir im öffentlichen Dienstleistungssektor vor allem die nicht-liberalisierten Bereiche, wie die kommunale Wasserver- und Entsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale sowie die öffentliche Dienstleistungen im Kultur und Bildungsbereich in Gefahr.

Wir meinen, dass solche grundlegend wichtigen Dinge in die Hände der Stadt bzw. des Landkreises gehören!

Und besonders gefährlich: Sind diese Bereiche erst einmal aus der Hand gegeben, gibt es keinen Weg zurück, denn durch die Verwendung von sogenannten Negativlisten wird die Rekommunalisierung von Dienstleistungen deutlich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

Als Beispiel sei genannt: die Anwendung von Negativlisten im bereits verhandelten Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) darf nicht gebilligt werden. Hier muss nachverhandelt werden.

Angeblich soll zwar die Unantastbarkeit der kommunalen Handlungsfähigkeit ein Verhandlungsgrundsatz der EU-Kommission sein, wir wollen dieses aber dann auch in Gesetzesform durchgesetzt wissen.

Im Übrigen sind wir der Meinung, die Verhandlungen sollten mit größtmöglicher Transparenz- und Öffentlichkeit geführt werden, das war ja leider bisher nicht der Fall.
Aufklärungsbedürftig ist auch, ob Umwelt- und Sozialstandards und die Möglichkeiten politischer Gestaltung durch Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren parallel zur bestehenden Gerichtsbarkeit gefährdet werden.

In Bezug auf TTIP gibt es weitere Befürchtungen in der Bevölkerung, ich möchte nur einige nennen:
Industrielle können sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit zusammensetzen und unter dem Deckmantel des Freihandelsabkommens den Verbraucherschutz aushöhlen.

Und was in den USA erlaubt ist, würde auch in der EU legal – so wäre der Weg frei für Fracking, Gen-Essen und Hormonfleisch. Zum Synonym dafür ist das sogenannte „Chlorhühnchen“ geworden. In den USA ist der Verkauf von Geflügel erlaubt, dass nach dem Schlachten in Chlor desinfiziert worden ist, in Europa natürlich aus gutem Grund verboten. Und was den Datenschutz angeht, ist noch vieles im Ungewissen.

Doch diese Informationen sind ja für jedermann zugängig und die Bürger haben sich inzwischen informiert, denn man kann sagen, der Widerstand ist seit den ersten Verhandlungen im Sommer 2013 immer stärker geworden und inzwischen sind nur noch 39{ac3304263dd34c1ae4a87ebaa3650b757329acfc186ef845ab98ef6c2c6210bd} der Deutschen für das Freihandelsabkommen. Also die deutliche Mehrheit mit 61{ac3304263dd34c1ae4a87ebaa3650b757329acfc186ef845ab98ef6c2c6210bd} ist dagegen. Natürlich muss man zugeben, zur Zeit haben andere europäische Länder noch eine ausgewogenere Verteilung in dieser Frage, aber wir machen Politik in Deutschland und dort ist ganz offensichtlich die Mehrheit der Bevölkerung gegen das geplante Freihandelsabkommen. Was interessant ist: die Gegner formieren sich links und rechts und auch in der Mitte rumort es.
Und wir meinen, solange das Paket noch nicht verabschiedet ist, besteht Hoffnung, jetzt können wir noch Einfluss nehmen, deshalb stimmen wir dieser Resolution der Linken zu und hoffen, dass die Bundesregierung in Berlin und die EU in Brüssel zu Beschlüssen kommen werden, die uns garantieren, dass wir hier in Deutschland dauerhaft gute Lebensmittel herstellen und verzehren können, eine saubere Umwelt, sicheren Datenschutz und einen fairen, demokratisch kontrollierten Welthandel behalten.

Und wir wollen unsere Kommunen, somit auch die Stadt HM, selbstbestimmt und ausschließlich zum Wohle der Bürger organisieren und uns nicht von fremden, wirtschaftlichen Interessen lenken lassen.

 

 

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