Bombenflugzeuge über dem »Bückedorf«

Bombenflugzeuge über dem »Bückedorf«. Von Beginn an, ver­stärkt aber seit 1935, prägen das Fest große »Schauübungen der Wehrmacht«. Postkarte von 1937, Sammlung Gelderblom

Grüner Landesparteitag unterstützt das Projekt Dokumentations- und Lernort Bückeberg

Grüner Landesparteitag unterstützt das Projekt Dokumentations- und Lernort Bückeberg

Die Grünen in Niedersachsen haben heute bei ihrem Parteitag in Oldenburg einen Antrag zur Unterstützung des Projekts Dokumentations- und Lernort Bückeberg, das vom Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e.V. und Landrat Tjark Bartels vorangetrieben wird, bei drei Enthaltungen einstimmig beschlossen.
Ute Michel, die den Antrag zusammen mit Mitgliedern aus dem grünen Kreisverband Hameln-Pyrmont sowie grünen Landtags- und Bundestagsabgeordneten gestellt hat, begründet die Einbringung: „Unsere Vergangenheit braucht Erinnerung, und Erinnerung braucht Orte – nicht nur Museen und Youtube. Der Bückeberg ist als ein solcher Ort besonders geeignet, weil das Gelände noch immer sehr anschaulich ist und die vorliegenden Pläne äußerst behutsam damit umgehen. Außerdem ist die Auseinandersetzung nicht nur mit vergangenen Gräueltaten wichtig, sondern angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen auch mit der Inszenierung von Propaganda, der Verführung von Menschen und der Propagierung einer Volksgemeinschaft und Ausgrenzung ‚der anderen‘.“
Michael Ebbecke, Vorsitzender der grünen Kreistagsfraktion und Delegierter bei der LDK, bestätigt: „Ich freue mich sehr über das überwältigende Votum der Delegierten, das ich gern in die Kreistagsdebatte am kommenden Dienstag mitnehme.“

 

Antrag an die niedersächsische Landesdelegiertenkonferenz in Oldenburg am 10.-11.03.18:
NS-Dokumentationsstätte Bückeberg unterstützen

Antrag:

Der Landesverband Niedersachsen von Bündnis 90/Die Grünen unterstützt die Initiative des Vereins für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e.V. und des Landrats von Hameln-Pyrmont, Tjark Bartels, das unter Denkmalschutz stehende Gelände am Bückeberg, auf dem die nationalsozialistischen „Reichserntedankfeste“ stattgefunden haben, als Bildungs- und Dokumentationsstätte zu gestalten und eine dauerhafte wissenschaftliche Begleitung vor Ort sicherzustellen.
Wir danken den Initiatoren und Unterstützer*innen für ihren langjährigen, unbeirrten Einsatz für dieses Projekt, dem aktuell in der konkreten Planungsphase aus der Bevölkerung und Politik vor Ort leider erheblicher Widerstand entgegengebracht wird. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass hier insbesondere NS-Propaganda und die Verführbarkeit von Menschen vermittelt und in der erhaltenen Topographie des Geländes sensibel erfahrbar und besser zugänglich gemacht werden sollen.

Begründung:

Am Bückeberg in Hagenohsen (heute in der Gemeinde Emmerthal bei Hameln) fanden von 1933-37 die Reichserntedankfeste statt, an denen bis zu knapp eine Million Menschen teilnahmen (1938 wurde die Veranstaltung wegen militärischer Inanspruchnahme der Transportmittel Richtung Tschechoslowakei kurzfristig abgesagt). Die Bedeutung des Bückebergs als Veranstaltungsort der Reichserntedankfeste ist mit dem Tempelhofer Feld in Berlin, wo die Feiern zum „Tag der nationalen Arbeit“ am 1. Mai stattfanden, und dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg vergleichbar.
Die Reichserntedankfeste waren sehr sorgsam geplante und inszenierte Massenveranstaltungen unter der Federführung von Joseph Goebbels und umfänglicher Gestaltung des Geländes durch Albert Speer. Der Ort wurde bewusst ausgewählt, wobei neben der vorteilhaften natürlichen Topographie und der bereits vorhandenen Infrastruktur auch ideologisierte Kriterien ausschlaggebend waren. Die Veranstaltungen wurden als volksnahe Feste und gleichzeitig als Ort der Volksgemeinschaft („wir“ und „die anderen“) konzipiert. Sie wurden mit Unterstützung aller damals zur Verfügung stehenden technischen Mittel dokumentiert: Inszenierung durch Hitlers Fotograf Heinrich Hoffmann, Filmaufnahmen und Live-Übertragung des zentralen Veranstaltungsteils mit Hitlers Rede im Radio, wofür alle dezentralen Feiern unterbrochen wurden. Darüber hinaus fand als fester Bestandteil der Reichserntedankfeste eine Militärübung statt; dabei wurde das jeweils eigens errichtete Bückedorf zerstört bzw. zerbombt.
Der Ort ist deshalb besonders geeignet, sich mit Propaganda und der Verführung von Menschen auseinanderzusetzen und sich Erklärungen für das Wie und Warum ihres Gelingens anzunähern. Die Auseinandersetzung mit vergangenem und Nachdenken über eigenes Verhalten sind eine (ein)dringliche Aufgabe. In einer Zeit, in der es immer weniger Zeitzeugen gibt, sind erlebbare und anschauliche Orte nicht nur, aber gerade auch für jüngere Menschen ein unerlässlicher Bestandteil dieses Prozesses.
Der Kern des Veranstaltungsgeländes ist bis heute wenig verändert. Nach jahrelangen Bemühungen insbesondere von Bernhard Gelderblom aus Hameln gelang es gegen Widerstand auf verschiedenen Ebenen erst 2011, das Gelände unter Denkmalschutz zu stellen. Bisher gibt es vor Ort nicht einmal ein Hinweisschild. Nach mehrjähriger Planung gibt es jetzt einen Entwurf für eine Bildungs- und Dokumentationsstätte, der auch überregional breit getragen und dessen Umsetzung von verschiedenen Institutionen, u.a. der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, finanziell unterstützt wird.
Im dafür zuständigen Kreistag Hameln-Pyrmont wird es am 13.03.18 zu einer Abstimmung über das Projekt einer Bildungs- und Dokumentationsstätte Bückeberg und die finanzielle Beteiligung des Landkreises kommen.

AntragstellerInnen:

Ute Michel (KV Hameln-Pyrmont)

Tom Jürgens (KV Hameln-Pyrmont)

Daniel Bredemeyer (KV Hameln-Pyrmont)

Michael Maxein (KV Hameln-Pyrmont)

Lidia Ludwig (KV Hameln-Pyrmont)

Britta Kellermann (KV Hameln-Pyrmont)

Anja Piel (KV Hameln-Pyrmont)

Christian Meyer (KV Holzminden)

Meta Janssen-Kucz (KV Leer)

Julia Willie Hamburg (KV Goslar)

Imke Byl (KV Gifhorn)

Stefan Wenzel (KV Göttingen)

Belit Onay (RV Hannover)

Helge Limburg (KV Nienburg (Weser))

Eva Viehoff (KV Cuxhaven)

Sven-Christian Kindler (RV Hannover)

Filiz Polat (KV Osnabrück-Land)

Katja Keul (KV Nienburg)

Timon Dzienus (KV Hannover)

Marco Hegenberg (KV Hameln-Pyrmont)

Dr. Marcus Schaper (KV Hameln-Pyrmont)

Michael Jürdens (KV Hameln-Pyrmont)

Dr. Urte Wais (KV Hameln-Pyrmont)

Waltraut Brümmer (KV Hameln-Pyrmont)

Klaus Brümmer (KV Hameln-Pyrmont)

Dieter Kölkebeck (KV Hameln-Pyrmont)

Rita Lindner (KV Hameln-Pyrmont)

Irene Wester-Hilpert (KV Hameln-Pyrmont)

Matthias Meyer (KV Hameln-Pyrmont)

Angelika Sieland (KV Hameln-Pyrmont)

Heinrich Bartels (KV Hameln-Pyrmont)

Mechthild Clemens (KV Hameln-Pyrmont)

Thomas Schröder (KV Hameln-Pyrmont)

Fabian Wais (KV Hameln-Pyrmont)

Gudrun Schaper (KV Hameln-Pyrmont)

Georg Petau (KV Holzminden)

Anka Dobslaw (KV Lüneburg)

Liam Harrold (RV Hannover)

Volker Bajus (KV Osnabrück-Stadt)

Sascha Völkening (KV Göttingen)

Uwe Dietrich (KV Hildesheim)

Torben Mävers (KV Lüchow-Dannenberg)

Mit freundlichen Grüßen
Ute Michel
Vorsitzende des Kreisverbands Hameln-Pyrmont
Bündnis 90/Die Grünen
Wendenstr. 2, 31785 Hameln

Pressemitteilung

11.03.18

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