In der Welt jenseits der politischen Spiele wird jemand, der Fehler macht, bestraft oder man verzeiht ihm die Fehler. Aber niemand wird abgesetzt und gleichzeitig befördert. Nur in einer Welt der Taktik und Strategie, der Binnensicht und Selbstbezüglichkeit kann der Satz von Frau Nahles – „Er muss gehen und er wird gehen“ – so interpretiert werden, dass sie meinte: Herr Maaßen wird befördert werden.
Dass die Bundeskanzlerin diesen Weg mitgeht, ist genauso befremdlich. Es zeigt ihre Kraftlosigkeit, wenn sie zulässt, dass Staatssekretäre zu Versorgungsposten degradiert werden. Ich habe in sechs Jahren als Minister mit vielen Staatssekretären zusammengearbeitet. Die vier, die im Laufe der Zeit in meinem Ministerium gearbeitet haben, waren enge Vertraute. . Staatssekretäre sind die Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung. Jeden Tag, bei Gesetzentwürfen, bei Entscheidungen im Alltag und bei Krisen, müssen sie ihr besonderes Geschick beweisen. Sie müssen die Amtsgeschäfte steuern und die politischen Entscheidungen umsetzen. Sie sind entscheidend für die Funktionsfähigkeit unserer Institutionen.
Der Bock wird zum Gärtner
Und genau bei dieser Aufgabe hat Herr Maaßen ja seine Fehler gemacht. Er hat das Parlament und damit die Politik als Störenfried betrachtet. Er hat selbst als Politiker agiert und damit den Verfassungsschutz dem Verdacht ausgesetzt, als politischer Geheimdienst genutzt zu werden. , er hat ein poröses Verständnis der Institutionen an den Tag gelegt. Jetzt wird der Bock zum Gärtner.
Und die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD bestätigen jedes Vorurteil von Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität in der Politik. Sie schaden dem Ansehen und der Funktionsfähigkeit von Behörden. Wenn man jemanden, der Unsicherheit schürt und seinen Posten für eine eigene politische Agenda missbraucht, auch noch belohnt, setzt man ein verheerendes Signal für die Funktionsfähigkeit des Staates.
Das Grundverständnis von Staat und Selbstwahrnehmung ist nicht mehr intakt
Ich habe die Große Koalition bei ihrem Zustandekommen verteidigt und die SPD für ihre erneute Bereitschaft, sich der Verantwortung zu stellen, in Schutz genommen. Dass sie ihre staatsbürgerliche Verantwortung über das Parteiinteresse gestellt hat, anders als andere Parteien, hat mir Respekt abgerungen. Ich habe nicht erwartet, dass diese GroKo sich durch besonders visionäre oder mutige politische Projekte auszeichnet. Aber ich bin davon ausgegangen, dass die erfahrensten Politikerinnen und Politiker der Republik vernünftig und technisch sauber regieren und so Stabilität sichern.
Der Streit um Herrn Seehofers Masterplan war noch lächerlich, aber schon er führte die Regierung an den Rande des Zerfalls, das politische Berlin fast zum Nervenzusammenbruch und versetzte die Republik wochenlang in Stillstand. Die Auseinandersetzung jetzt aber berührt das Grundverständnis von Staatsverantwortung und Selbstwahrnehmung. Beides ist nicht mehr intakt.
Mit dieser Regierung haben wir mehr zu verlieren als zu gewinnen
Für mich war der gestrige Abend der Schritt zu viel. Dachte ich davor noch oft, ja, es ist ein Gewürge, aber wer weiß, was danach kommt, denke ich seit gestern, dass wir mit dieser Regierung mehr zu verlieren haben als zu gewinnen. Die Entscheidung, Herrn Maaßen zu befördern, war eine selbstvergessene, selbstgerechte Entscheidung, die mehr zerstört als heilt. Und niemand der Damen und Herren würde sie richtig finden, wenn sie sie nicht selbst getroffen hätten. Das ist aber der Gradmesser für Frage, ob man sich abgeschottet und abgekoppelt hat von der Realität: Ist diese Entscheidung irgendwie im Interesse der Bürger? Die Maaßen-Entscheidung ist mein persönliches Ende dieser Regierung.“
Foto: © Dominik Butzmann
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